Heutzutage sind die Eishockeyspieler viel bejubelte Stars. Sie bringen Massen in Bewegung, werden andachtsvoll bestaunt, von den Anhängern verehrt, zumeist auch recht anständig entlohnt. Doch wie war’s damals, in der Urzeit des Sports? Den Pionieren des Eishockeyspiels, damals noch als Bandy bekannt, erging es ähnlich wie den Fußballern. Sie wurden verlacht und verspottet, als „Spinner“ abqualifiziert, nicht selten von der Obrigkeit schikaniert, die dem sonderbaren Treiben der jungen Männer, die einen kleinen Gummiball mit einem Stock über das Eis trieben, verständnislos gegenüberstand.
Zu einer Zeit, da es in Übersee schon die ersten Ansätze des Berufsspielerturms gab, war Eishockey in Österreich noch weitgehend verpönt. Bei der studierenden Jugend waren die Nobelsportarten gefragt, wie etwa Fechten, Rudern oder Reiten. Und junge Arbeiter opferten, sofern sie sportliche Ambitionen hatten, ihre karge Freizeit lieber dem Turnen oder dem doch schon etwas populäreren und leichter lernbaren Fußball.
Das Bandyspiel – Zeitgenössische Karikatur
Der Eishockeysport wurde um die Jahrhundertwende, allerdings als Spiel mit dem Ball, auch Bandy genannt, in Österreich eingeführt. Der erste Verein der diesen neuen Sport ausübte, war 1899 der Training Eisclub Wien (TEC). Später gründeten auch einige Wiener Fußballvereine Eishockeysektionen.
Der erste belegbare Hinweis auf Bandy in Österreich findet sich am 12.01.1896 in der „Allgemeine Sport Zeitung“. Dort stand mit dem neutralen Titel “Das Hockeyspiel“ in der Rubrik Eislaufen, dass das Spiel aus England käme und von je sieben Leuten auf einem 60 x 100 m großen Platz gespielt werde. Zu dieser Zeit wussten offensichtlich in Europa wenige von der Existenz des Eishockeysportes in Kanada, wo bereits seit der Saison 1892/93 die Meisterschaft um den Stanley Cup gespielt wurde, und zwar schon richtiges Eishockey mit der Scheibe.
Am Weihnachtstag 1899 fand das erste Eishockeytraining in Wien statt. Gustav Feix, später der erste Präsident des Österreichischen Eishockeyverbandes, erinnerte sich daran mehr als 30 Jahre später und berichtete:
Es hatten sich ca. 20 Mitglieder eingefunden. die das neue Spiel versuchen wollten. Der obere Teil des Platzes war für uns mit einem Strick abgesperrt und nun harrten wir, jeder mit einem vorschriftsmäßigen Prügel bewaffnet, in vollständiger Unkenntnis der Spielregeln, des großen Moments, in dem das erste Mal in Wien Eishockey trainiert wird. Doch kaum begonnen war es auch schon mit der feierlichen Stimmung vorbei. Die ganze Meute jagte, jeder Würde bar, schreiend hinter dem Ball her, jeder einzelne, unter Anwendung der Unerlaubtesten Mittel, Gelegenheit suchend, dem Ball eine ordentliche herunterhauen zu können.
Als schließlich der Ball wie aus einer Kanone aus dem abgesperrten Raum auf den allgemeinen Eislaufplatz hinausgeschossen und auch dorthin von uns mit Eifer verfolgt wurde, was nicht nur den Unwillen der friedlichen Besucher des Engelmann’schen Eisplatzes, sondern auch den des Herrn Oberbaurates Engelmann erregte, wurde unserem ersten und denkwürdigen Eishockeytraining ein jähes und nicht allzu sanftes Ende bereitet.
Zwei Tage später fand schließlich das erste Spiel auf Wiener Boden statt. Zwei Teams, gebildet aus Gästen des Eislaufplatzes Engelmann, traten gegeneinander an. Das Spiel endete 2:2 Im Jänner 1900 fand dann die erste Partie zweier Vereinsmannschaften statt. Damals gewann das Team des Training Eisclub (TEC) gegen den Wiener Athletiksport-Club (WAC) mit 9:1. Gespielt wurde mit Mannschaften von je sieben Mann (mit Tormann, Verteidigern, einem Mittelmann und drei Stürmern).
Bereits in der nächsten Saison fand das erste internationale Aufeinandertreffen statt. Gegner war Slavia Prag, das mit 17:3 gewann. Neben dem TEC, einer kombinierten Mannschaft aus Wien und dem WAC stellten ab 1904/05 auch die Fußballer des First Vienna Football Clubs und ab 1906/07 der Tschechisch-Wiener Sportclub Slovan ein Team. 1908/09 auch der Wiener Sport-Club. In der zweiten Hälfte des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts entwickelte sich der Eishockeysport bedingt durch sehr milde Winter sehr langsam weiter. Der Aufstieg des österreichischen Eishockeys begann ab der Saison 1909/10, als am Eislaufplatz Engelmann in Wien die erste Kunsteisbahn Österreichs eröffnet wurde (10. November 1909).
Diese Kunsteislaufbahn erwirkte auch eine jahrzehntelange Überlegenheit der Wiener Eishockeymannschaften gegenüber denen aus der Provinz, wo sich immer mehr Teams bildeten. Ebenfalls 1909 begann der Sportclub Slovan erstmals mit der Scheibe zu trainieren. Anders als in anderen europäischen Ländern dauerte es in Österreich bis 1922 ehe Eishockey gänzlich auf das Spiel mit der Scheibe umgestellt wurde.
In der Saison 1911/12 gesellten sich zu TEC, Vienna, Wiener Sport-Club und Slovan auch der Währinger Bycicle Club (WBC) hinzu. Die erste ausgetragene österreichische Meisterschaft im Eishockey (mit dem Ball) wurde in der Saison 1912/13 ausgetragen. Sie war jedoch auf Wien begrenzt, teilnehmende Teams waren TEC, Vienna, Wiener Sport-Club, Slovan und der Währinger Bycicle Club (WBC). Den Meistertitel gewann der Wiener Sport-Club. In der darauffolgenden Saison nahm auch erstmal der Cottage Eislaufverein aus Wien-Währing (CEV) mit einer eigenen Mannschaft teil. Meister wurde wieder der Wiener Sport-Club. Im Dezember des Jahres 1912 wurde am Heumarkt die zweite Wiener Kunsteisbahn eröffnet. Am 25. Jänner 1914 gründete auch der dort ansässige Wiener Eislaufverein (WEV) eine eigene Eishockeysektion.
Bedingt durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs war der Meisterschaftsbetrieb in der Saison 1914/15 sehr eingeschränkt. Lediglich eine internationale Begegnung des WEV gegen Budapest konnte abgehalten werden. In der folgenden Saison fand in Wien eine Kriegsmeisterschaft mit dem Teams WEV, Währinger Bycicle Club (WBC), Cottage Eislaufverein (CEV) und dem Verein Kunsteisbahn Engelmann, dem Nachfolger des Training Eisclubs. 1916/17 stellte auch die österreichische Lehrer-Sportvereinigung ein eigenes Team, an der Meisterschaft nahm außerdem auch wieder der Sportclub Slovan teil. Meister wurde wie auch schon in der vorigen Saison der WEV, der auch erstmals gegen Budapest mit 9:2 gewinnen konnte. Ab der Saison 1917/18 war die Kunsteiserzeugung verboten, ab Februar 1918 auch die Beleuchtung und Beheizung von Eislaufplätzen.
Ausrüstung – Reklame anno 1903
Damit brach der Eissportbetrieb in Wien zusammen. 1918/19 fand eine Meisterschaft in Wien statt, die vom WEV gewonnen, jedoch nicht bis zum Ende ausgetragen werden konnte. Das Verbot, Kunsteis herzustellen und milde Winter verunmöglichten in den Saisonen 1919/20 und 1920/21 den Meisterschaftsbetrieb im Eishockey. Für die Saison 1920/21 war ein Cupbewerb angedacht, von dem jedoch nur ein Spiel ausgetragen wurde: WEV-WAC (23:1). Dieses Spiel war auch das letzte Bandyspiel am Wiener Heumarkt, weil ab der nächsten Saison mit der Scheibe gespielt wurde. Das letzte Bandyspiel in Wien fand am 31. Dezember 1923 zwischen CEV und Verein Kunsteisbahn Engelmann statt.